Tagesspiegel / Potsdamer Neueste Nachrichten, 12.07.2001

 

Vater darf sein Kind nicht sehen

Sorgerecht Ausländische Eltern protestieren gegen Rechtsprechung deutscher Gerichte Von Sigrid Kneist Manchmal können Familienkonflikte derart eskalieren, dass sich sogar Regierungschefs damit befassen müssen. Beim Deutschlandbesuch des damaligen amerikanischen Präsidenten Bill Clinton stand im vergangenen Jahr auch der Fall des Amerikaners Joseph Cooke auf der Tagesordnung, der seine von seiner deutschen Ex-Frau nach Deutschland gebrachten Kinder nicht mehr sehen durfte. Cooke ist kein Einzelfall. Von der deutschen Rechtsprechung fühlen sich ausländische Väter oder Mütter in binationalen Beziehungen oft schlecht behandelt. Auch Olivier Karrer aus Frankreich ist ein betroffener Vater. Gestern trat er in Berlin mit Gleichgesinnten in den Hungerstreik. Mit einer Aktion auf dem Gendarmenmarkt machten sie auf ihr Anliegen aufmerksam. Schilder zeigen an, wie oft sie ihr Kind in den Tagen der Trennung sehen durften. Der Franzose Karrer will sich gegen die hiesige Rechtsprechung wehren. Seit zwei Jahren beispielsweise darf er seinen inzwischen sieben Jahre alten Sohn Julian nicht mehr sehen. Seine Frau, mit der er zusammen in Frankreich lebte, kam mit dem Jungen nach einem Urlaub in Deutschland nicht mehr zurück und bekam hier das alleinige Sorgerecht von einem Gericht zuerkannt. Jetzt lebt Julian mit der Mutter in Hamburg, der Vater darf allenfalls einmal die Woche mit dem Kind telefonieren. Für Karrer ist dies ein weiterer eindeutiger Verstoß deutscher Gerichte gegen das Haager Übereinkommen zum Kindesentzug, wonach Kinder, die von einem Elternteil quasi entführt wurden, sofort wieder zurückgebracht werden müssen. Am Sonnabend wollen Eltern aus Frankreich, Schweden, Südafrika und den USA erneut öffentlich an der Gedächtniskirche für ihr Anliegen demonstrieren.